Klangbeispiel:
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MVB 55: Henry Purcell: „King Arthur“ für Erzähler und Blockflöten-Quartett (SATB)

Die Handlung von Purcells "King Arthur" folgt recht frei den verschiedenen Artus-Legenden. Es erklingen zwischen dem Erzältext 10 Musiksätze, dabei gleich zu Beginn eine grosse Chaconne und als kompositorisches Meisterwerk eine fantastische Passagaclia als musikalischer Höhepunkt. Zu dem Blockflöten-Quartett können 2 Vokal-Stimmen hinzutreten, nach Belieben ergänzend oder alternativ. Sämtliche Sätze können mit dem reinen Blockflöten-Quartett gespielt werden, doch eröffnen sich mit den 2 Gesangsstimmen weitere klangliche Bereicherungen. Ca. 45 min. Aufführungsdauer. Etwa ab leichtere Mittelstufe. Die Ausgabe ist komplett mit Partitur, paarweise Einzelstimmen (doppelt beigelegt) sowie dem Text für den Erzähler. Insgesamt 100 Seiten.

Der Text für den Erzähler von „King Arthur“ steht bereit zum freien Download
Eine weitere Semi Oper von Henry Purcell für Blockflöten-Quartett:
MVB 46: Henry Purcell: „The Fairy Queen“
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Vorwort
Zweifellos bildeten die Kompositionen Purcells in den wenigen Jahren seines Schaffens einen Meilenstein der englischen Musik seiner Zeit. Es gelang ihm, nachdem König Karl II die kulturellen Pforten Englands zum Kontinent geöffnet hatte, in seinen Werken den französischen Stil sowie den venezianischen Einfluss in einer national-englischen Umprägung zu vereinigen und zu einem nie wieder erreichten Höhepunkt zu führen. Zurecht wird er als der größte englische Komponist bezeichnet. Für die Engländer gelten seine Werke als zeitlos, in denen Uraltes ertönt und Zukünftiges sich andeutet, die zugleich ursprünglich und künstlich sind, lyrisch und dramatisch. „Unser Purcell war die Wonne der Nation und ein Wunder für die ganze Welt. Aber er wurde uns vorzeitig entrissen und unserem Fortschritt somit ein jähes Ende gesetzt.“ beklagte im Jahr 1711 Joseph Addison den frühen Tod Purcells.

Purcells kompositorisches Gesamtschaffen kann man in zwei Hälften einteilen: 1. weltliche und geistliche Vokal- und Instrumentalmusik (vor allem bis 1690) und 2. Schauspiel- und Bühnenmusik (hauptsächlich ab 1690). Zu der zweiten Hälfte gehören die Musik zu über 50 Schauspielen und Maskenspielen, 5 „Semi Operas“ (Opern mit gesprochenem Dialog oder Schauspiele, in denen die Musik einen bedeutenden Anteil einnimmt) sowie natürlich auch die erste durchkomponierte englische Oper „Dido and Aeneas“ (1689).

Das Maskenspiel („Masque“), als höfische Unterhaltungsform von Frankreich und Italien übernommen, bestand aus gesprochenen Dialogen und zur Laute gesungenen Liedern, den sog. „Ayres“, unterbrochen von Tänzen und musikalischen Einlagen, die jedoch nicht in Bezug zur Handlung standen. Man kann das Maskenspiel als Vorläufer der „Semi Operas“ bezeichnen, deren Musik nun allerdings wichtiger Bestandteil des Gesamtgeschehens wird; doch wird die eigentliche Handlung noch immer weitgehend durch den gesprochenen Dialog vermittelt. Zu diesen „Semi Operas“ gehören „The Fairy Queen“, „The Indian Queen“, „The Tempest“, „The Prophetess or the History of Dioclesian“ und „King Arthur“.

Doch im Gegensatz zu den anderen „Semi-Operas“ Purcells, die eigentlich mehr Schauspiele waren, denen Musik zugefügt wurde, gehört im „King Arthur“ die Musik direkt zur Handlung, ist nicht bloße Zutat. So haben die Hauptpersonen Arthur, Merlin usw. Teil an den musikalischen Szenen, wenn sie auch, wie in den „Semi Operas“ grundsätzlich, selbst nicht singen.

Die Entstehungsgeschichte des „King Arthur“ ist lang und verworren: John Dryden hatte 1684 das Stück zum Silberjubiläum König Karls II im kommenden Jahr geschrieben. Es gehörte zu seinen Aufgaben als Hofdichter, dem „Poeta Laureatus“, zeremonielle Dichtungen für Hoffeste zu liefern. In dieser ersten Fassung wurde im gesungenen Prolog geschildert, wie das Haus Stuart durch die sog. Restauration wieder auf den Thron gelangt war. Dann hatte sich der König jedoch für eine Oper im französischen Stil entschieden, hatten ihm doch nach der Ermordung seines Vaters Karl I durch Oliver Cromwell die musikalisch-szenischen Darbietungen Jean-Baptiste Lullys im Exil bei seinem Vetter Ludwig XIV, dem „Sonnenkönig“, nachhaltig imponiert. Druyden baute also seinen Prolog aus, und der Spanier Luis Grabu vertonte ihn zu der Oper „Albion und Albanius“, welche 1685 auch aufgeführt wurde.

Nach dem Tode Karls II wurde sein Bruder Jakob II (katholischer) König von England. Doch schon 1688 stürzte ihn dessen (protestantischer) Schwiegersohn Wilhelm III von Oranien mit Hilfe der englischen Parlamentspartei. Durch diese „Glorreiche Revolution“ verlor Dryden sein Amt als „Poeta Laureatus” und war gezwungen, für die öffentliche Bühne zu schreiben. Sein altes Schauspiel „King Arthur“ holte er wieder hervor, passte es den neuen politischen Gegebenheiten an und schickte es an Purcell, dessen Musik er inzwischen schätzen gelernt hatte. Doch Purcell veränderte beim Komponieren Drydens Text nach seinen Ansichten und riss das Werk schließlich gänzlich an sich. Aus Drydens Schauspiel entstand bald eine „Semi Opera“ mit spektakulären (Gesangs)effekten.

Die Handlung des „King Arthur“ erfand Dryden sehr frei nach Geoffrey of Monmouths „Historia Regum Britanniae“ sowie anderen Artus-Legenden. Vergeblich suchen wir die bekannten Geschichten von König Artus und seiner Tafelrunde oder die Beziehung zwischen Lancelot und Ginevra. Die Handlung erschöpft sich im Wesentlichen aus den Versuchen Arthurs, mit Hilfe des Zauberers Merlin seine Geliebte (sie wird hier „Emmeline“ genannt) aus den Händen Oswalds und dessen Zauberers Osmond zu befreien. Das ganze Stück ist durch und durch patriotisch angelegt. So ist unser Schlusssatz „Round thy coast“ wohl eine Festmusik, zugleich aber auch ein Loblied auf England.

Die Stimmen der vorliegende Fassung für Blockflöten-Quartett können selbstverständlich auch von anderen Instrumenten übernommen oder mit diesen kombiniert werden. Die beiden Vokalstimmen können bei den mit Text unterlegten Stellen zu den Instrumenten entweder hinzutreten oder diese ersetzen. Bei einer Aufführung durch ein Blockflöten-Quartett empfiehlt es sich, den Bass durch ein 16'-Instrument (z.B. Violoncello oder Subbass-Blockflöte) zu verdoppeln.

Die Bearbeitung einer "Semi opera" für Erzähler und Instrumentalgruppe an sich kann wohl durchaus als im Sinne Purcells gelten. Sagt er doch selbst in seiner Vorrede zu „The Prophetess or the History of Dioclesian“: „Musik und Dichtkunst sind immer als Schwestern anerkannt worden, die, Hand in Hand gehend, einander unterstützen; denn so, wie die Dichtkunst Harmonie der Worte ist, so ist die Musik die der Töne; und wie Poesie über Prosa und Rhetorik sich erhebt, so ist die Musik eine Steigerung der Poesie. Beide vermögen sich allein auszuzeichnen, aber miteinander vereint sind sie sicher am ausgezeichnetsten.“
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